Der Markt rund um Satelliten IoT ist durchwegs aktiv und im Wachstum. Aktuell gibt es 44 Anbieter von denen bereits 16 operative Services anbieten.
Wir betrachten im Folgenden die Lösung von Sateliot.space, ein NB-IoT Uplink aus dem Weltall und schauen uns den Status-quo an.
Konkret geht es also darum, NB-IoT connectivitiy from space herzustellen. Also um den Einsatz von Satelliten (sogenannten low-earth-orbits / LEO), um die cellular network coverage zu vergrößern, optimiert für NB-IoT/M2M Devices. Neben dem Satellit-Network gibt es auch noch andere Arten von non-terrestrial Networks, die wir nachfolgend jedoch nicht betrachten.
Und warum sollte man das nun tun?
Billiger wird es wohl kaum sein?
Das ist unbekannt. Es gilt zu bedenken, dass zuerst eine ansehnliche Satellitenflotte in den Orbit befördert werden muss. Diese benötigt in weiterer Folge Wartung, was auch in Zeiten der privaten Raumfahrt noch eine Menge kostet. Dem gegenüber steht die Wartung der terrestrischen Infrastruktur sowie die Errichtung von neuen cellular towers. Hier muss noch auf konkrete Angebote gewartet werden. Eins kann man vorwegsagen – kostenfrei wird es nicht sein aber womöglich attraktiv!
Die Round-Trip-Time wird wohl höher sein.
Korrekt. Der Satellit muss die empfangenen Gerätedaten ja auch wieder zur Erde retour schicken, damit diese auch auf eine IoT Plattform kommen. Ein Datenpaket muss also zweimal die Atmosphäre durchqueren, um anzukommen. Die Signal-Laufzeit der Funkstrecke Erde-Satellit-Erde bei einer Flughöhe von circa 600km beträgt etwa 2×2 msec. Im terrestrischen Umfeld spricht man hier von Faktor 100-1000x kürzeren Signallaufzeiten im µsec Bereich (entsprechend kürzere Abstände zwischen dem Mobilgerät und den terrestrischen Sendemasten).
Die Datenrate/Datenmenge wird wohl niedriger sein.
Korrekt. Als Folge von längerer Signallaufzeit ist natürlich eine niedrigere Datenrate zu erwarten. Hier geht man aber ohnehin von NB-IoT typischen Datenmengen aus, klassischen message based Anwendungen mit wenigen 100Bytes/Tag.
Und funktioniert das nun eigentlich schon?
JEIN. Es wird daran gearbeitet. Sateliot hat aktuell einen (1) Satelliten im Orbit und plant im Herbst 2022 den Start eines Zweiten. Wie diese selbst auf ihrer Website erläutern.
Es wird also noch einiges Wasser ins Meer fließen, bis man hier von einer weltweiten Abdeckung sprechen kann.
Was bringt das denn nun eigentlich im Vergleich zu einer terrestrischen Lösung?
Ganz einfach: globale Netzabdeckung.
Es sind also in etwa dieselben Beweggründe wie bei der Anschaffung eines Satellitentelefons.
Connectivity herstellen in einer Region ohne terrestrische Netzabdeckung.
Beispiele für Regionen ohne terrestrische Netzabdeckung:
- Unwirtliche Regionen wie Berge, Wüsten, Urwälder, Hochsee, Polare Regionen
- Abgelegene Regionen die unbewohnt, oder spärlich besiedelt sind (zum Beispiel Australiens Outback)
- Für Mobilfunk geologisch ungünstige Orte wie Täler, Schluchten, Hanglagen
- Wobei tiefe Schluchten oder Bergtäler auch für Satellitenfunk schwierig zu erreichen sind
- Entwicklungsländer (schlecht ausgebaute oder nur zeitweilig funktionierende cellulare Infrastruktur)
Anhand des Beispiels aus Österreich (Coverage Map von TMA abrufbar unter https://www.magenta.at/unternehmen/netz) erkennt man die weißen Flecken im Bereich der unwirtlichen Regionen (hauptsächlich die Alpine Region).
Wie man weiß, ist die Realität etwas anders und selbst in einer Region mit guter Coverage laut MNO, kann man an einer ungünstigen Stelle auch nur 2G Empfang haben, oder in seltenen Fällen mal gar kein Netz.
Wie funktioniert das?
Hier zu sehen ist ein einfaches Bild der Architektur. Voraussetzung ist also zunächst ein 5G-Core Netzwerk sowie Satelliten im Orbit und entsprechende Erdfunkstellen (Feeder Links).
Die Versprechen der Technologie / von sateliot:
- ist mit bestehender Hardware des UE (User Equipment) möglich
- funktioniert mit Standardantennen des UE
- nahtloser Übergang zwischen terrestrischem und non-terristrischem Uplink
- funktioniert mit der UICC (Universal integrated circuit card = SIM-Karte) des UE (Roaming Verträge mit div. MNOs)
Die Base-Station (gNB) bleibt terrestrisch, der Satellit dient quasi als eine Art Spiegel / Reflektor und bildet eine neue coverage-area auf der Erdoberfläche. In Rel. 17 der 3GPP TR36.763 sind auch Mechaniken zum beamforming beschrieben, also eine Lenkung der coverage area durch die Satellitenantennen.
Gibt es etwas Vergleichbares?
Recherchiert man im Bereich der Satellitenkommunikationstechnik, so tauchen dre Systeme immer wieder auf:
- Iridium
- Inmarsat
- Thuraya
Bei expeditionstechnik kann man dazu nachlesen.
Betrachtet man das Iridium System, so ist es im weitesten Sinne ähnlich. Es handelt sich dabei um ein System aus ~66 Satelliten im low-earth-orbit mit globaler coverage auch über der Polar-Region. Es gibt einige Bodenstationen als Gateways. Die Satelliten sind im Orbit vernetzt (meshed), das heißt die Daten werden im Orbit geroutet zu einem Satelliten im Empfangsbereich einer Bodenstation.
Neben der klassischen Telefonie wird auch ein IP-Datenservice „Iridum-Certus“ angeboten in „DSL“ ähnlicher Geschwindigkeit. Laut Wikipedia bis zu 1.4MBit/s DL / 500kBit/s UL.
Für das Narrowband bietet Iridium ein Service namens „Short-Burst-Data“, für eine nachrichtenbasierte Übertragung.
Setzt man Iridium ein, ist man in dieser Welt gefangen. Man benötigt spezifische Hardware. Für Systemintegratoren gibt es Iridium-Modems und für End-User gibt es telefonähnliche Endgeräte. Je nach Service sind auch spezielle Antennen erforderlich.
Technische Herausforderung
Anhand der durchgeführten Recherche zur 5G-NTN Technologie, haben sich zwei große technische Herausforderungen kristallisiert, die immer wieder genannt werden:
- Signallaufzeit
- Mobility & Handover
Um nicht zu weit ins Detail zu gehen… Signallaufzeit ist eine wichtige Information im radio network, generell in der Funkübertragung. Typischerweise ist in terrestrischen Netzen die Signallaufzeit geringer als die Zeitdauer eines „Radio-Frame“, was bei NTN mit einer Signal-Laufzeit von einigen Millisekunden nicht mehr zutrifft.
Das terrestrische cellular network ist seit jeher konzipiert für ortsunveränderliche Base-Stations (Mobilfunkmasten). Die Netzplanung orientiert sich dabei an wabenähnlichen Strukturen mit typischerweise drei Sektoren je Mast, wodurch die sechseckige Wabe geformt wird. Die Coverage-Area wird typischerweise mit einem Radius von einigen Kilometern beschrieben, was eine äußert kurze Signallaufzeit zur Folge hat (Mikrosekunden) im Vergleich zu einer Satellitenfunkstrecke mit 600km (Millisekunden).
Mobile Devices hingegen sind seit jeher mobil und bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit funktioniert der Handover zwischen den Base-Stations transparent (telefonieren beim Zug oder Autofahren ohne einen Verbindungsabbruch, zumindest in der Theorie sollte das immer gehen).
Somit lassen sich nun Aussagen dazu machen, wie die Signallaufzeit in einem terrestrischen Szenario aussehen wird. Sie ist also eher kurz und innerhalb bestimmter Grenzen zu finden und hat eine eher geringe Variation durch die langsame Bewegung des Mobile Devices. (<200km/h)
Betrachtet man nun das NTN Szenario, so hat man vorher schon gesehen, dass die reine Signallaufzeit um einiges länger wird, bedingt durch den größeren Abstand und die doppelte Atmosphären-Durchquerung. Was hier noch hinzukommt, ist eine deutlich höhere Variation in der Signallaufzeit selbst. Das begründet sich darin, dass sogenannte LEOs aus unserer Sicht am Boden recht schnell vorbeifliegen.
Ein weiteres Paper zeigt ein typisches NTN Handover Szenario mit LEOs bei 600km Höhe und einer Geschwindigkeit von 7.56km/s (erforderlich um die Umlaufbahn zu halten, circa 96 Minuten für eine Umrundung). Die coverage Area ist dabei als Kreis mit circa 50km Durchmesser angegeben.
Als Folge der Hohen Orbit-Geschwindigkeit ändert sich die Signallaufzeit im Vorbeiflug also sehr schnell und das coverage-window eines Satelliten ist auch recht kurz. Rechnet man mit den Werten aus dem Paper kommt man auf eher wenige Sekunden Empfangsfenster was eine offensichtliche Diskrepanz darstellt.
Was wohl aber stimmen wird, ist die erforderliche orbitale Geschwindigkeit des Satelliten da er andernfalls die Erdanziehung nicht überwinden kann und sehr bald wieder runterkommen würde.
Fazit
Dies scheinen also die größten technischen Herausforderungen zu sein.
Die Untersuchungen zu diesen Themen begannen im Jahr 2017.
Im Jahr 2020 wurden viele Papers veröffentlicht, die sich damit befassen, welche Erweiterungen 5G-NR braucht, um mit NTN Szenarien umgehen zu können.
Seither ist es nun etwas ruhiger geworden um dieses Thema, es tauchen aber vereinzelt Anbieter auf, die sich damit auseinandersetzen und aktiv daran arbeiten wie zum Beispiel Sateliot.
Es bleibt also spannend.