Energiesparen ist allgegenwärtig
Mittlerweile haben wir uns an die fortschreitende Miniaturisierung der Elektronik sehr gewöhnt. Nehmen Sie sich jedoch einen Moment Zeit und bewundern Sie, was eine übliche Smartwatch heutzutage alles leistet. Ein hochauflösendes Display, ein leistungsstarker Prozessor, multiple Funkschnittstellen und eine passende Energiequelle sind auf engstem Raum integriert.
Der Energiespeicher, also die Batterie, soll mit der Entwicklung mithalten. Bei kleinerem Platzbedarf soll die Kapazität des Akkus am besten sogar noch größer werden. Akkutechnologien verbessern sich zwar stetig, jedoch entwickelt sich die erreichbare Energiedichte langsamer [1] als die Miniaturisierung der Halbleiter voranschreitet (wohlbekannt durch das immer noch gültige „Mooresche Gesetz“ [2]).
Entsprechend schnell entwickelt sich daher der Markt für extrem energiesparende, aktive Bauelemente. Energiesparen gehört in der Elektronikentwicklung mittlerweile zum Alltag und zum guten Ton. Moderne Steckernetzteile, etwa ein Handyladegerät, werden nicht mehr brandheiß, wie das früher der Fall war, obwohl mit diesen mittlerweile spektakuläre Ladeleistungen erzielt werden.
Genauso wichtig wie die richtige Bauteilwahl sind Energiesparmaßnahmen in der Gerätefirmware. Im Alltag bekommen Sie das schmerzhaft zu spüren, wenn ein Firmwareupdate von mangelhafter Qualität die Laufzeit Ihres Smartphones halbiert.
Wer den SoC kennt, hat die Laufzeit im Griff!
Wenn Sie ein batteriebetriebenes Produkt mit langer Feldlaufzeit entwickeln und aus wirtschaftlichen Gründen oder auf Grund von Designaspekten auf einen überdimensionierten, also unnötig voluminösen, Akku verzichten wollen, dann werden Sie zusätzlich zu allen Energiesparmaßnahmen um ein Verbrauchsmonitoring nicht herumkommen. Dies ermöglicht Ihnen eine Abschätzung der gesamten und der restlichen Laufzeit, als auch die Verwendung von verbrauchsabhängigen Betriebszuständen. So reduziert beispielsweise Ihr Smartphone unterhalb einer gewissen Akkustandsgrenze die Bildschirmhelligkeit oder drosselt sogar die Rechenleistung. Das Gerät kennt also den State-of-Charge (SoC) des eingebauten Energiespeichers. Um diesen zu ermitteln, gibt es verschiedene Ansätze.
Ermittlung des SoC durch Messung der Leerlaufspannung
Diese erstaunlich einfache Methode reicht für viele Anwendungen, bei denen ein einigermaßen konstantes Lastprofil vorherrscht, wo also der Stromverbrauch keinen starken Schwankungen unterliegt und am besten nur einen Bruchteil der Nennkapazität ausmacht.
In Abbildung 1 ist die Leerlaufspannung (Open Circuit Voltage, OCV) von einigen Batterietechnologien in Abhängigkeit vom Ladezustand (State-of-Charge, SoC) dargestellt [3], [4], [5], [6]. Die beiden oberen Batterietypen (Blei-Säure-Batterie und Alkalizelle) sind für die Methode der Leerlaufspannungsmessung gut geeignet, da jedem SoC-Wert ein eindeutiger Spannungswert zugeordnet werden kann. Bei Lithium-Ionen-Akkumulatoren (links unten) funktioniert diese Methode ebenfalls, obwohl die Leerlaufspannung bei sehr geringem Ladezustand stark einbricht.
Lithium-Thionylchlorid-Batterien (rechts unten) haben allerdings während ihrer nahezu gesamten Lebensdauer die gleiche Leerlaufspannung. Bei diesen, für langlebige Produkte sehr beliebten, Primärzellen ist die Leerlaufspannung wesentlich abhängiger von der Umgebungstemperatur als vom Restenergieinhalt. Wenn Sie in Ihrer Schublade eine solche Batterie in unbekanntem Zustand vorfinden, werden Sie nicht ohne erheblichen Messaufwand herausfinden können, ob die Zelle voll oder fast leer ist.
Inhomogenes Lastprofil – uneindeutige Leerlaufspannungsmessungen
Batteriebetriebene IoT-Geräte haben oft die Eigenschaft, sich über längere Perioden im Stromsparmodus zu befinden, um dann plötzlich, meist auf Grund eines externen Stimulus, aufzuwachen. In Folge soll ein Datenpaket über die eingebaute Funkschnittstelle abgesetzt werden. Für diesen kurzzeitigen Vorgang benötigt die Elektronik ein vergleichsweise großes Energiepaket. Der sehr geringen Stromaufnahme im Tiefschlafmodus steht eine deutlich höhere Stromaufnahme im aktiven Modus gegenüber. Das Lastprofil, also die zeitliche Änderung der an die Batterie angeschlossenen Lastgröße, ist in diesem Fall sehr ungleichmäßig.
Abbildung 2 zeigt Messreihen aus dem Microtronics-Labor. Eine volle und eine leere Alkalibatterie werden mit dem gleichen Stromimpuls belastet. Auch im Bild: Ein einfaches, universelles Batterieersatzschaltbild, welches das transiente (kurzzeitige) Verhalten der Zelle beschreibt [7].
Es ist deutlich zu erkennen, dass bei einem solchen Szenario die Leerlaufspannungsmessung zur Bestimmung des SoC an ihre Grenzen stößt. Der Innenwiderstand der Zelle, welcher aus dem Spannungseinbruch bei bekanntem Laststrom angenähert werden kann, wird umso größer, je leerer die Batterie ist:
Eine weitere Störgröße ist das bei leeren Batterien stärker ins Gewicht fallende transiente Verhalten. Die Zelle braucht sozusagen eine „Erholungszeit“, um wieder auf die Leerlaufspannung zu steigen. Sie können mit sorgfältigem Timing des Messpunkts die dadurch entstehenden Messfehler mindern, indem Sie die Batteriespannung niemals nach verbrauchsintensiven Vorgängen messen (sofern diese im Programmablauf bekannt sind). Ebenfalls von Vorteil ist die Einhaltung einer geeigneten Karenzzeit zwischen Laststromspitze und Messwertaufnahme, um längere chemische Rekombinationsvorgänge bei leeren Batterien auszublenden.
Bequeme Ermittlung des SoC mittels Fuel Gauges
Die Halbleiterhersteller haben erkannt, dass die Ermittlung des SoC nicht trivial ist, und bieten Ihnen eine breite Palette an sogenannten „Fuel Gauges“ an. Diese sind meistens auf eine bestimmte Zellchemie optimiert und können den SoC aus dem Batteriespannungsverlauf rückrechnen. Einige dieser ICs messen zusätzlich den Laststromverlauf, um eine höhere Genauigkeit zu erreichen.
Der Maxim MAX17048, welcher im rapidM2M T32 in der Version 01v006 verwendet wird, ist in der Lage, alleine durch die kontinuierliche Akkuspannungsmessung den SoC hinreichend genau zu ermitteln. Deswegen gehört dieser IC zu den Fuel Gauges mit besonders geringem Eigenstromverbrauch, da die gleichzeitige Strommessung entfällt. Der interne Algorithmus funktioniert nur, wenn der verwendete Akku einigermaßen zum integrierten Modell passt.
Obwohl fortgeschrittenere ICs auf Grund ihrer „Lernfähigkeit“ einen weiten Kapazitätsbereich unterstützen, sind Fuel Gauges für einige Einsatzszenarios ungeeignet:
- Bei Verwendung von Primärzellen mit konstanter Leerlaufspannung über einen weiten SoC-Bereich. Dazu gehört beispielsweise die Li-SOCl2-Batterie in Abbildung 1 oder Zink-Luft-Knopfzellen.
- Bei Versorgung eines Geräts über einen agnostischen Eingang, wo eine unscharf definierte Energiequelle angeschlossen werden soll.
- Wenn besonders genau oder mit hoher Auflösung gemessen werden soll.
Coulomb Counter – Ideal für anspruchsvolle Anwendungen
Coulomb ist die Einheit für die elektrische Ladung. Der elektrische Strom (in Ampere) kann auch als Ladungstransport bezeichnet werden. Fließt eine Sekunde lang Strom in der Größe von einem Ampere, so wird in dieser Zeit eine Ladung von einem Coulomb durch den Leiter transportiert:
Die Einheit für ein Coulomb ist also die Amperesekunde. Eine andere Form davon, die Milliamperestunde (mAh) kennen Sie als Kapazitätsangabe von Akkus. Ein Coulomb Counter ist also in der Lage, die tatsächlich verbrauchte Ladung und folglich, sofern die Gesamtkapazität bekannt ist, auch die Restladung in der Batterie zu bestimmen.
Die direkte Erfassung des Ladungstransports ist zwar im Prinzip möglich [8], jedoch arbeiten nahezu alle am Markt befindlichen Produkte mittels Messung des Stroms über einen Shuntwiderstand. Die Shuntverstärkerschaltung in Abbildung 3 reicht bereits aus, um mit einer nachfolgenden digitalen Integratorstufe einen universell brauchbaren Coulomb Counter zu bilden. ICs wie der Dallas DS2740 [9] erreichen mit diesem einfachen Prinzip beachtliche Leistungsdaten, sind jedoch auf Grund der Notwendigkeit zur zyklischen Abtastung nicht mehr als „ultra low power“ zu bezeichnen.
Erwähnenswert ist auch die Schwierigkeit, den Shuntwiderstand passend zu dimensionieren. Größere Werte ermöglichen höhere Dynamikumfänge, erzeugen jedoch einen deutlichen Spannungseinbruch bei impulsartiger Stromaufnahme, so dass Unterspannungseffekte auftreten können.
Aus dem rapidM2M T32 entstanden: Ein leistungsfähiger Coulomb Counter
In einer frühen Entwicklungs- und Konzeptphase des rapidM2M T32 waren einerseits nur unzureichende Informationen über die tatsächliche Dynamik der Energieaufnahme bekannt und andererseits die zu verwendende Batterietype noch nicht genau spezifiziert. Als Konsequenz wurde entschieden, dass ein Coulomb Counter mit deutlich niedrigerem Ruhestromverbrauch und größerem Dynamikumfang als die am Markt erhältlichen Produkte benötigt wird. Ziel war es, ein Werkzeug zur Optimierung des Energieverbrauchs im Feldeinsatz zu erhalten. Dazu reicht bereits die unidirektionale Messung, es muss also nur der Ladungstransport von der Energiequelle in Richtung Verbraucher gemessen werden.
Die im rapidM2M T32 (in Version 01v005) implementierte Schaltung ist eine vollständige Neuentwicklung, die sowohl in Hinsicht des Ruhestromverbrauchs, als auch vom Dynamikumfang her deutlich bessere Werte als die zu dem Zeitpunkt am Markt erhältlichen Produkte aufweisen kann.
Abbildung 4 zeigt das Funktionsprinzip. Über die shuntspannungsgesteuerte Stromquelle (mit der Transkonduktanz gm) akkumuliert sich im Kondensator C1 eine zum Gesamtladungstransport proportionale Ladung, welche ab einem definierten Schwellwert entladen wird. Pro gezähltem Impuls kann somit eine bekannte, aus der Energiequelle transportierte Ladung registriert werden:
Um aus diesem zunächst offenkundigen Konzept ein höchstoptimiertes Endprodukt abzuleiten, wurde die Schaltung im Zuge einer wissenschaftlichen Arbeit hinsichtlich aller Grenzbetriebszustände untersucht und optimiert. Das Ergebnis ist ein fertiges Modul als System-in-a-Package, gezeigt in Abbildung 5, mit dem Finger des Autors als Größenvergleich.
Die Leistungsdaten lassen sich sehen:
- Messbereich: 10µA – 1A
- Integrierter Shuntwiderstand: 200mΩ
- Ruhestrom als Summe von Analog- und Digitalteil: < 3µA
- Kommunikationsschnittstelle: SPI
- Flächenbedarf: < 113mm²
Literaturverzeichnis
[1] Development of the lithium-ion technology, Volkswagen AG, 2018
[2] Wikipedia, Mooresches Gesetz, https://de.wikipedia.org/wiki/Mooresches_Gesetz
[3] J. Konstantin Mikhaylov, Development of Energy Efficiency Aware Applications Using Commercial Low Power Embedded Systems, Embedded Systems – Theory and Design Methodology, 2012
[4] T. Chi Nguyen Van, Soc Estimation of the Lithium-Ion Battery Pack using a Sigma Point Kalman Filter Based on a Cell’s Second Order Dynamic Model, MDPI applied sciences, 2020
[5] K. Tomas Krilavičius, Towards a hybrid approach to SoC estimation for a smart Battery Management System (BMS) and battery supported Cyber-Physical Systems (CPS), 2012
[6] Saft LS26500 Datasheet, Doc No 31016-2-0510,
[7] G. Min Chen, An Accurate Electrical Battery Model Capable of Predicting Runtime and I–V Performance, IEEE Transactions on Energy Conversion, Vol: 21, 2006
[8] S. Naderiparizi, A. Parks, F. Parizi, J. Smith, μMonitor: In-situ energy monitoring with microwatt power consumption, IEEE International Conference on RFID, 2016
[9] DS2740 High-Precision Coulomb Counter Datasheet, Maxim Integrated,