Intelligente, vernetzte Produkte stellen Hybride dar, die sich aus Teilen der physischen und der digitalen Welt zusammensetzen. Demzufolge vermischen sich im Internet der Dinge zwangsläufig die Geschäftsmodellmuster der digitalen und der physischen (nicht-digitalen) Welt miteinander.[1]
Anhand der smarten Steckdose QGate werden die fünf Wertschöpfungsstufen einer IoT-Anwendung erörtert. QGate ist eine Smart Home Anwendung. Der „smarte“ Verbindungsstecker für Schuko-Haushaltssteckdosen ermöglicht Ihnen mit einigen integrierten Sensoren eine Vielzahl an Anwendungen.
Ebene 1 – Physisches Ding
Die physische Komponente einer Anwendung, im konkreten Beispiel der Verbindungsstecker, stellt die erste Wertschöpfungsstufe dar. Auf dieser Ebene erschließt sich dem Anwender der erste greifbare Nutzen. Dieser beschränkt sich im aktuellen Beispiel lediglich darauf, ein anderes Gerät wie beispielsweise einen Heizlüfter mit dem Verbindungsstecker zu verbinden. Bedingt durch seine physische Natur ist der Wirkungsbereich des Verbindungssteckers auf dieser Ebene auf seine unmittelbare Umgebung beschränkt.[1]
Ebene 2 – Sensor / Aktuator
Auf Ebene 2 wird das physische Ding durch einen Mikroprozessor, Sensoren und Aktoren erweitert, wodurch lokale Daten erfasst und lokale Aktionen ausgeführt werden können. Der für den Anwender entstehende Nutzen kann dadurch in Relation zu Ebene 1 deutlich gesteigert werden, ist aber nach wie vor auf die unmittelbare Umgebung beschränkt.[1]
Der als Beispiel verwendete „smarte“ Verbindungsstecker verfügt über Sensoren zur Messung der Temperatur, der Helligkeit, des Lärmpegels und des Energieverbrauchs eines mit ihm verbundenen Gerätes. Er weist zudem die Fähigkeit auf, die Stromversorgung eines angeschlossenen Geräts ein- und auszuschalten. In Kombination mit einem elektrischen Heizlüfter lässt sich beispielsweise eine Ferienwohnung vor Frostschäden bewahren. Mittels des Temperatursensors wird permanent die Umgebungstemperatur überwacht. Der Aktor aktiviert bei Bedarf die Energieversorgung des Heizlüfters und schafft damit einen lokalen Nutzen.
Ebene 3 – Konnektivität
Durch diese Ebene erlangen die darunterliegenden Ebenen Zugang zum Internet. Damit wird ein globaler Zugriff auf die Sensoren und Aktoren ermöglicht.[3] Das im „smarten“ Verbindungsstecker aus dem aktuellen Beispiel verbaute GSM-Modem gestattet berechtigten Anwendern einen weltweiten Zugriff auf die Daten zu vernachlässigbaren Grenzkosten.
Ebene 4 – Analytics
Durch Konnektivität für sich betrachtet entsteht noch kein Mehrwert. Erst auf Ebene 4 werden die Sensordaten gesammelt, gespeichert, auf Plausibilität geprüft und klassifiziert sowie mit Informationen aus weiteren Online-Diensten verknüpft und daraus die Stellwerte für die Aktoren berechnet. Dies erfolgt typischerweise in der Cloud.[3]
Im Beispiel des „smarten“ Verbindungssteckers werden auf Ebene 4, wenn beispielsweise in einem Ferienhaus mehrere „smarte“ Verbindungsstecker verwendet werden, unter anderem die Ein- und Ausschaltzeiten der verschiedenen Heizlüfter gespeichert, die weiteren Sensormesswerte (Helligkeit und Lärmpegel) ausgewertet, um einen Eindringling zu erkennen und die Energieverbräuche der einzelnen Heizlüfter aufgezeichnet.
Ebene 5 – Digitaler Service
Auf dieser Ebene entstehen die digitalen Dienstleistungen, die in Form einer Smartphone Applikation oder eines Web- Service global bereitgestellt werden können. Sie vereinen in sich die durch Ebene 1 bis 4 bereitgestellten Möglichkeiten und Funktionen und sind somit untrennbar mit den Daten erzeugenden, intelligenten, vernetzten Produkten verknüpft. Die Eigenschaften der digitalen Geschäftsmodellmuster besitzen für diese digitalen Dienstleistungen Gültigkeit.[3]
Aus dem „smarten“ Verbindungsstecker wird erst auf dieser Ebene, in Verbindung mit der Smartphone-Applikation „QGuard“, ein Alarm- und Überwachungssystem, das neben dem Schutz der Ferienwohnung vor Frostschäden auch den Benutzer über den aktuellen Zustand (z.B. Temperatur und Energieverbrauch) und ein unerlaubtes Eindringen informieren kann. Falls anstelle des Heizlüfters eine Sirene an den „smarten“ Verbindungsstecker angeschlossen ist, kann der Einbrecher durch den erzeugten Lärm vertrieben werden. Alle diese Funktionen stehen dabei wiederum zu vernachlässigbaren Grenzkosten zur Verfügung.
Die bidirektionalen Pfeile in der Abbildung der 5 Wertschöpfungsstufen weisen darauf hin, dass die einzelnen Ebenen nicht unabhängig voneinander kreiert werden können. Bei einer hochwertigen IoT-Applikation reicht die Integration bis zur Ebene der physischen Komponenten hinab und stellt somit mehr als eine reine Addition der einzelnen Ebenen dar. Diverse attraktive digitale Services würden durch eine getrennte Betrachtung unmöglich, weshalb die Entwicklung der Hardware von intelligenten, vernetzten Produkten vermehrt von den darüberliegenden digitalen Ebenen bestimmt wird. Die Verflechtung der Entwicklung der Hardware und der digitalen Services gewinnt daher zunehmend an Bedeutung.[3]
Literaturverzeichnis
- ↑ Fleisch, E., Weinberger, M., & Wortmann, F. (2014a). Geschäftsmodelle im
Internet der Dinge. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 51(6), 812–826.
https://link.springer.com/article/10.1365%2Fs40702-014-0083-3, S. 817 - ↑ Fleisch, E., Weinberger, M., & Wortmann, F. (2014b, August). Geschäftsmodelle
im Internet der Dinge. Bosch IoT Lab White Paper. Abgerufen von White-Paper.pdf, S. 7 – eigene Darstellung - ↑ Fleisch, E., Weinberger, M., & Wortmann, F. (2014b, August). Geschäftsmodelle
im Internet der Dinge. Bosch IoT Lab White Paper. Abgerufen von White-Paper.pdf, S. 818f
Serie: Mit intelligenten, vernetzten Produkten in eine neu Business-Ära
Teil 1: Einführung
Teil 2: Die Bedeutung der Geschäftsmodell-Innovation
Teil 3: Grundsteinlegung durch strategische Entscheidungen
Teil 4: Die gültige Branchenlogik durchbrechen
Teil 5: 5 Wertschöpfungsstufen einer IoT-Applikation
Teil 6: Transformation der Wertschöpfungskette
Teil 7: Die Wertgenerierung von Dingen im Internet der Dinge
Teil 8: Grundlegender Aufbau von intelligenten, vernetzten Produkten
Teil 9: Anforderungen an die technologische Infrastruktur im Internet der Dinge
Teil 10: Mehrwert schaffen durch die Weiterentwicklung zu intelligenten Produkten