Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie in Österreich

Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie schützt die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen durch die Einleitung von kommunalen Abwasser. Die Richtline geht auf das Jahr 1991 zurück und befindet sich aktuell in Überarbeitung. Die geplanten Neuerungen stärken den Umweltschutz. Gleichzeitig gehen damit verschärfte Anforderungen an Kanalnetzbetreiber, Kläranlagen und Hersteller einher. Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Eckpunkte zusammen, zeigen was die Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie für Österreich im speziellen für die Mischwasserkanalisation bedeutet und geben einen Einblick in die möglichen Technologien, die bei der Umsetzung unterstützen.

Inhaltsverzeichnis

Einführung in die EU-Kommunalabwasserrichtlinie

Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie ist eine Richtlinie der Europäischen Union, die sich mit der Behandlung von kommunalem Abwasser befasst. Sie legt Mindestanforderungen fest, die die Mitgliedstaaten einhalten müssen, um die Qualität des Wassers zu schützen und zu verbessern. Zu den Hauptzielen gehören die Reduzierung der Verschmutzung von Oberflächengewässern und des Grundwassers durch Abwasser sowie die Förderung einer nachhaltigen Abwasserbehandlung. Die Richtlinie enthält Bestimmungen zur Überwachung und Kontrolle von Abwasserbehandlungsanlagen sowie zur Berichterstattung über deren Leistung. Sie wurde entwickelt, um Umweltschutzstandards in der gesamten EU zu harmonisieren und einen gemeinsamen Rahmen für den Umgang mit kommunalem Abwasser zu schaffen.

Ziele und historische Entwicklung

Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie wurde 1991 angenommen. Im April 2024 wurde die Überarbeitung der Richtlinie verabschiedet. Voraussichtlich tritt die Richtlinie noch im Laufe von 2024 in Kraft. Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie wurde vor dem Hintergrund des steigenden Umweltbewusstseins und der Notwendigkeit des Schutzes von Gewässern vor Verschmutzung entwickelt. Die Entlastung von unzureichend gereinigtem Abwasser führt zu einer Beeinträchtigung der Wasserqualität und der Umwelt. Das Ziel der Richtlinie ist der Schutz der Umwelt vor schädlichen Auswirkungen durch die Einleitung von kommunalem Abwasser.

Wichtige Anforderungen der Richtlinie

Das Ziel dieser Überarbeitung ist es, die menschliche Gesundheit und die Umwelt besser vor schädlichen Abwassereinleitungen zu schützen. Hier sind einige der Neuerungen, die mit der EU-Kommunalabwasserrichtlinie einhergehen:

Erweiterter Anwendungsbereich: Die Richtlinie wird nun auch für kleinere Gemeinden ab 1.000 Einwohner:innen gelten, was eine größere Anzahl von Gebieten abdeckt.

Entfernung von Nährstoffen und Mikroschadstoffen: Es wird vorgeschrieben, dass mehr Nährstoffe und Mikroschadstoffe aus kommunalem Abwasser entfernt werden müssen, insbesondere solche, die aus toxischen Arzneimitteln und Kosmetika stammen. Die vierte Reinigungsstufe ist in diesem Zusammenhang ein viel diskutiertes Thema.

Mikroplastik-Überwachung: Die Richtlinie führt eine systematische Überwachung von Mikroplastik an den Zu- und Abläufen von kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen sowie des Klärschlamms ein.

Verursacherprinzip: Umweltschädliche Wirtschaftszweige wie Pharmaunternehmen und Kosmetikhersteller müssen nun mindestens 80 Prozent der Kosten für die Beseitigung von Mikroschadstoffen tragen.

Gesundheitsüberwachung: Wichtige gesundheitsbezogene Parameter im kommunalen Abwasser, einschließlich antimikrobieller Resistenzen oder SARS-COVID-Erreger im Falle einer Pandemie, müssen regelmäßig überwacht werden.

Anpassung an Starkregenereignisse: Die Maßnahmen berücksichtigen die sich wandelnden klimatischen Bedingungen und sehen klare Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten in Bezug auf einen besseren Umgang mit Starkregenereignissen vor. Datenlogger für Abwasser und Kanal wie beispielsweise Jellox erkennen Starkregenereignisse, senden Alarme beim Überschreiten eines definierten Schwellwerts und protokollieren die Pegelstände automatisiert.

Jellox der Datenlogger für Abwasser und Kanal in einem Schacht mit BLE Radarsensor monitiert

Die Rolle der Mischwasserkanalisation in Österreich

Die Mischwasserkanalisation spielt in Österreich eine wichtige Rolle bei der Ableitung von Abwasser aus (städtischen) Gebieten. Im Gegensatz zur Trennkanalisation, bei der Regenwasser und Schmutzwasser separat gesammelt werden, werden in der Mischwasserkanalisation Regenwasser und Abwasser aus Haushalten und Industrie gemeinsam in einem System gesammelt und abgeleitet.

In Österreich gibt es rund 92.800 km Kanalnetz. Aufgrund der Siedlungsstruktur (Siedlungen in Streulage und Einzelobjekte) ist ein 100% Anschluss in Österreich unrealistisch. Dennoch zeigt sich in den letzten 40 Jahren eine deutliche Steigerung / Entwicklung von unter 40% auf über 90%.

Im Osten und im Westen ist die Erschließung deutlich höher als mitten durch Österreich. Spitzenreiter ist Wien mit nahezu 100%. Einzelne Bezirke in den Bundesländern liegen hingegen bei unter 85% – zeigt das Branchenbild der österreichischen Abwasserwirtschaft 2020.

Funktionsweise der Mischwasserkanalisation

Die Mischwasserkanalisation sammelt sowohl das Abwasser aus Haushalten und Industrie als auch das Regenwasser in einem gemeinsamen System. Dies geschieht über ein Netzwerk von Kanälen, die das gesammelte Wasser zu einer Kläranlage transportieren, wo es gereinigt und behandelt wird, bevor es in Gewässer eingeleitet wird.

Vereinfacht sieht der Prozess in der Mischwasserkanalisation von der Sammlung bis zur Entladung wie folgt aus:

Sammlung: Regenwasser und Abwasser aus Haushalten und Industrie werden über ein Kanalnetz von Rohren in die Mischwasserkanäle geleitet.

Transport: Das gesammelte Wasser fließt durch die Kanalisation und wird zu Pumpstationen oder Kläranlagen transportiert.

Behandlung: In Kläranlagen wird das gemischte Wasser gereinigt, normalerweise durch verschiedene Prozesse wie Sedimentation, biologische Abbauprozesse und Desinfektion, um Schadstoffe zu entfernen und die Wasserqualität zu verbessern.

Entladung: Nach der Reinigung wird das behandelte Wasser in Gewässer wie Flüsse oder Seen eingeleitet.

Aktuelle Herausforderungen & Chancen in der Abwasserwirtschaft

Obwohl die Mischwasserkanalisation effizient und kostengünstig ist, kann sie einige Probleme verursachen:

Überlaufereignisse: Bei starken Regenfällen kann das Volumen von Regen- und Abwasser in den Kanälen die Kapazität des Systems überschreiten. Dies kann zu Überlaufereignissen führen, bei denen unbehandeltes Abwasser direkt in Gewässer gelangt, was zu Umweltverschmutzung und Gesundheitsrisiken führen kann. Derartige Mischwasserentlastungen von unbehandelte, verdünntem Abwasser sind die größte Herausforderungen, die durch die Zunahme von Starkregenereignissen drastisch steigen.

Starkenregen führt zu einem Überlauf und hebt den Kanaldeckel auf einem Parkplatz

Verschmutzung: Da Mischwasserkanäle sowohl Abwasser als auch Regenwasser sammeln, können sie bei undichten oder beschädigten Rohren Schadstoffe aus Haushalten und Industrie in Gewässer abgeben, bevor das Wasser gereinigt wird.

Hygieneprobleme: Wenn das Mischwassersystem nicht ordnungsgemäß gewartet wird, können sich in den Kanälen Verstopfungen und Ablagerungen bilden, die zu Geruchsbelästigungen und Gesundheitsproblemen führen können.

Umweltbelastung: Durch den Eintrag von Schadstoffen und unbehandeltem Abwasser können Mischwasserkanäle die Wasserqualität in Gewässern beeinträchtigen und Ökosysteme gefährden.

Insgesamt erfordert die effektive Nutzung von Mischwasserkanälen eine sorgfältige Planung, regelmäßige Wartung und die Einhaltung strenger Umweltschutzstandards, um Umweltverschmutzung zu minimieren und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Strategien zur Modernisierung und Instandhaltung der städtischen Abwasserinfrastruktur

Die Abwasserinfrastruktur ist ein kritisches Element für unsere moderne, lebenswerte Welt. Die Kanalnetze sind größtenteils veraltet oder teils aufgrund von veränderten Lebensräumen nicht mehr richtig dimensioniert. Hinzukommt, dass die Kläranalage der größte städtische Energieverbraucher ist. Somit stehen sich Kosten, Richtlinien, Umweltschutz und die menschliche Gesundheit gegenüber.

Um die Herausforderungen greifbar zu machen, führt die Universität Innsbruck im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) eine Erhebung des Ausbaugrades der Mischwasserkanalisation in Österreich durch. Ziel ist es, den Anpassungsbedarf aufgrund der EU-Kommunalabwasserrichtlinie festzustellen. Diese Erhebung ist die Ausgangslage für Abschätzungen hinsichtlich Kosten-Nutzen-Aspekte bei der Umsetzung der EU-Vorgaben.

Technologische Innovationen und Verbesserungen

Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie sieht für die Mischwasserkanalisation folgendes vor (Auszug vom BML):

  • Siedlungsgebiete ≥ 100.000 EW müssen für das gesamte Kanaleinzugsgebiet ihrer Kläranlagen künftig integrierte Abwasserbewirtschaftungspläne erstellen. In diesen Plänen soll das Kanalisationsgebiet analysiert sowie Ziele und Maßnahmen zur Verringerung von Mischwasserentlastungen festgelegt werden.
  • Für Siedlungsgebiete zwischen 10.000 und 100.000 EW gilt ein risikobasierter Ansatz. Das bedeutet: Solche Siedlungsgebiete müssen für das gesamte Kanaleinzugsgebiet ihrer Kläranlagen immer dann integrierte Abwasserbewirtschaftungspläne erstellen, wenn eine Risikobewertung zeigt, dass die entlasteten Mischwasserfrachten oder die Auswirkungen der Entlastung von Mischwasser „problematisch“ sind.
Kläranlage von oben fotografiert

Hier setzen moderne Technologien und Datenlogger der Umwelttechnik an. Datenlogger spielen eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie, indem sie genau und zeitnah Daten zur Überwachung und Steuerung von Abwasserbehandlungsprozessen bereitstellen.

Bei diesen Anforderungen und Applikationen helfen Datenlogger:

Erkennung von Starkregenereignissen und Entlastungen: Datenlogger mit schnellen Messintervallen von 10 Sekunden erkennen unmittelbar Starkregenereignissen. Da diese so schnell wie sie auftreten wieder vorbei sind, ist der enorm kurze Messintervall für eine schnelle Reaktion unabdingbar. Mit der Messung des Pegelstandes werden nicht nur Starkregenereignisse erkannt, sondern auch Entlastungen entsprechend protokolliert.

Überwachung der Abwasserqualität: Datenlogger werden häufig eingesetzt, um kontinuierlich verschiedene Parameter des Abwassers wie pH-Wert, Temperatur, chemischen Sauerstoffbedarf (CSB), biologischen Sauerstoffbedarf (BSB), Nitrate und Phosphate zu messen. Diese Daten sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Reinigungsleistung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Einhaltung der Vorschriften: Durch die automatische Aufzeichnung der Wasserqualitätsdaten können Behörden und Betreiber von Kläranlagen leichter nachweisen, dass sie die Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Dies ist wichtig für die Berichterstattung gegenüber Aufsichtsbehörden und hilft, mögliche Strafen für Non-Konformität zu vermeiden.

Optimierung von Behandlungsprozessen: Die durch Datenlogger bereitgestellten Daten helfen, die Effizienz von Abwasserbehandlungsprozessen zu verbessern. Beispielsweise können Betreiber durch die Analyse der Daten Anpassungen vornehmen, um Energie zu sparen, Chemikalien effizienter zu nutzen und insgesamt die Betriebskosten zu senken.

Frühwarnsysteme: Datenlogger können auch als Teil von Frühwarnsystemen dienen, um ungewöhnliche oder gefährliche Veränderungen in der Wasserqualität schnell zu erkennen. Dies ermöglicht es, proaktiv Maßnahmen zu ergreifen, bevor die Situation kritisch wird, was die Umweltauswirkungen minimiert und die öffentliche Gesundheit schützt. Mit der Messung des giftigen, korrosiven H2S-Gases werden Gefahren unmittelbar gemessen und entsprechende Gegenmaßnahmen – beispielsweise die gezielte Zugabe von Chemikalien – zum Schutz der Menschen und Bauwerke eingeleitet.

Langzeitdatenerfassung: Die langfristige Datensammlung, die durch Datenlogger ermöglicht wird, ist nützlich für Trendanalysen und Forschungszwecke. Dies kann zur Weiterentwicklung von Abwasserbehandlungstechnologien und -strategien führen und zur allgemeinen Verbesserung der Wasserqualität beitragen.

Insgesamt tragen Datenlogger zur effizienten Umsetzung und Einhaltung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie bei, indem sie eine fundierte Entscheidungsgrundlage bieten und eine effektive Kontrolle und ein effektives Management von Abwasserbehandlungsanlagen ermöglichen. Datenlogger erfassen die Datenbasis, die für alle weiteren kurz- oder langfristigen Maßnahmen das Um und Auf sind. Von klassischen Dosiersteuerungen, Steuerungen von Stauschildern bis hin zu Energiemanagement und -optimierung oder datenbasierte Analysen mit KI.

Achten Sie bei der Wahl des passenden Datenloggers unbedingt auf kurze Messintervalle, um kein Event im Kanal zu verpassen bei zeitgleich langen Laufzeiten. Beachten Sie die raue Umgebung in der Kanalisation und die Konnektivität, um eine hohe Datenqualität, auf deren Basis Sie kritische Entscheidungen treffen, sicher zu stellen.

Datenlogger und Messstationen zur Umsetzung der EU-Kommunalabwasserrichtlinien

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